Beitrag der Grünen Stadtratsfraktion zur Diskussion um die Ausrufung des Klimanotstand in Kevelaer. Antrag der Grünen vom 7. Mai 2019. (Es gilt das gesprochene Wort!)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Meine Damen und Herren,

Ich will über den Unterschied zwischen Klimanotstand und Klimanotfall nicht diskutieren. Wir wollen keine Arbeitskreise zum Thema einrichten. Wir brauchen auch keinen Klima- und Umweltstatus, der dann zum Klima- und Umweltbericht mutieren soll.

Wir wollen keine Diskussion über den Zusammenhang zwischen Motorradwallfahrt, Kirmesfeuerwerk und Klimawandel. Wir wollen keine Angst verbreiten und keine Freiheitsrechte einschränken.

Ich sage Ihnen jetzt, was wir Grünen wollen!

Voltaire hat einmal gesagt: „ Alle Menschen sind klug, die einen vorher, die anderen nachher.“

Gestern habe ich ein Buch aus dem Regal genommen, das ich zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte.

Darin habe ich gelesen dass im Jahr 2000 die Durchschnittstemperatur auf der Nordhalbkugel im Vergleich zu den frühen siebziger Jahren um rund 1 Grad Celsius steigt, wegen des Erderwärmungseffektes infolge des steigenden Kohlendioxydgehaltes der Atmosphäre. Die Erderwärmung in den polaren Breiten wird um 3 Grad steigen. Während der nächsten 20 Jahre werden große Waldflächen auf der Erde verschwinden. Die Wälder verschwinden mit einer Geschwindigkeit von 18 – 20 Millionen Hektar jährlich (ein Gebiet von der halben Größe Kaliforniens) wobei die größten Verluste in den tropischen Regenwäldern Afrikas, Asiens und Südamerika zu verzeichnen sind. Die Konzentration von Kohlendioxyd in der Atmosphäre wird voraussichtlich in einem solchen Maße zunehmen, dass sich das Klima auf der Erde und die obere Atmosphäre bis zum Jahre 2050 entscheidend verändert.

Die Ausrottung von Pflanzen- und Tierarten wird dramatisch zunehmen. Hunderttausende von Arten – vielleicht 20 % aller Arten auf der Erde werden unwiederbringlich verloren gehen, wenn ihre Lebensräume zerstört werden.

– Neue und phantasievolle Ideen – und die Bereitschaft sie in die Tat umzusetzen – sind heute wichtiger als alles andere.

Das steht unter anderem in dem Buch.

Warum erzähle ich Ihnen das? Diese Sätze lesen wir doch täglich in den Medien, nix Neues, werden Sie sagen.

Stimmt, nix Neues!! Und da liegt der Hund begraben. 1983 also vor 36 Jahren haben Wissenschaftler für den amerikanischen Präsidenten einen Bericht geschrieben. Global 2000 heißt der Titel und so sieht das Buch aus, das ich damals zum Geburtstag geschenkt bekommen. Der heutige Präsident würde das Buch nicht lesen, weil es länger als ein

Post auf Twitter ist. Schon 1983, haben Wissenschaftler prognostiziert, was im Jahr 2000 eintreten wird. Und sie hatten recht. Und was haben die Menschen damals gemacht, um den Klimawandel zu verhindern oder zumindest zu begrenzen? Nichts, besser zu wenig haben sie gemacht, heute sind wir klüger. Sie erinnern sich an Voltaire? Die jungen Leute, die uns heute zuhören, wollen keine weiteren Jahre der Untätigkeit verstreichen lassen.

Nicht oder viel zu wenig unternehmen, in Kenntnis des dramatisch fortschreitenden Klimawandels, der Erderwärmung, des Auftauen von Permafrost ist für sie nicht mehr akzeptabel.

Es reicht ihnen und da können wir die jungen Menschen verstehen. Sie sind es leid, gehen auf die Straße und lassen sich Freitags nicht in die Schule schicken. Sie fordern von uns, „den Profis“ eine Reaktion, eine Veränderung, kein Schieben, keine Verharmlosung. Sie fordern uns auf, die Gefahren des Klimawandels mit allen Mitteln zu bekämpfen. Global, aber auch lokal, auch in Kevelaer ist das möglich. Wir haben in unserer Stadt schon viele Dinge „aufs Gleis gesetzt“ wie man sagt, angeschoben. Aber hier in unserer Stadt haben wir als Rat Einfluss. Den sollten wir sinnvoll nutzen und den eingeschlagenen Weg zielstrebig weiter gehen. So ist unser Antrag auch zu verstehen. Handeln mit Maßnahmen, die wirken und nicht mit Placebos. Maßnahmen, die vielleicht wehtun müssen, damit sie helfen. Das ist wie mit der Medizin, die nicht schmeckt, aber hilft. Schon 1983 kannten die Menschen die drohende Gefahren, Global 2000 lässt grüßen.

Aber die Menschen haben keine Maßnahmen ergriffen, die geeignet waren, die Entwicklung effektiv aufzuhalten.

Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen, sie würden heute einen Fehler machen, wenn Sie unseren Antrag ablehnen.
Wir können alleine Welt nicht retten, aber wir können in Kevelaer mithelfen.

Rufen wir heute den Klimanotstand oder den Klimanotfall aus, nennen Sie es von mir aus wie Sie wollen, wenn es denn hilft, dem Antrag zustimmen zu können. Und was würde in Kevelaer passieren, wenn Sie unserem Antrag zustimmen? Wir haben unter anderem beantragt: Vor allen Beschlüssen soll die Stadt. d.h. die Verwaltung und die Politik mögliche Auswirkungen auf das Klima P R Ü F E N, und dann entscheiden. Ist das so verkehrt? Die Bürger und Bürgerinnen, Rat und Verwaltung in Kevelaer würden zeigen, dass sie die Gefahren des Klimawandels ernst nehmen. Ist es so schwer, dem zuzustimmen?

Und zu guter letzt: Überlegen Sie bitte, welches Signal dieser Rat an unsere jungen Mitbürger und Mitbürgerinnen heute aussendet? So viele, wie selten sind ins Rathaus gekommen, weil ihnen das Thema wichtig ist. Sie wollen eine Antwort, sie wollen ein deutliches Zeichen, das wir sie ernst nehmen, sie wollen es nicht den Profis in der Bundesregierung überlassen und freitags in die Schule gehen. Und dann bin ich wieder bei Voltaire „ Alle Menschen sind klug, die einen vorher, die anderen nachher.“

Lassen Sie uns alle vorher klug sein und nicht nachher, wenn es vielleicht zu spät ist. Und noch eine letzte Bemerkung: Denken Sie bitte immer daran: Die Natur braucht die Menschen nicht, die Menschen brauchen die Natur!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.